Das geheime Leben der Bäume by Wohlleben Peter

Das geheime Leben der Bäume by Wohlleben Peter

Autor:Wohlleben, Peter [Wohlleben, Peter]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Ludwig, 2015
veröffentlicht: 2015-06-16T16:00:00+00:00


Sozialer Wohnungsbau

Selbst wenn die Bäume für sämtliche bisher beschriebenen Zwecke schon zu dick sind, geht die Nutzung durch Tiere munter weiter. Die Riesen können zu begehrten Wohnungen werden, ein Dienst, den sie aber nicht freiwillig anbieten. Denn vor allem der dicke Stamm alter Exemplare ist unter Vögeln, Mardern und Fledermäusen beliebt. Dick deswegen, weil entsprechend starke Wände besonders gut gegen Hitze und Kälte isolieren. Den Anfang macht meist ein Bunt- oder Schwarzspecht. Er hackt ein Loch in den Stamm, allerdings nur wenige Zentimeter tief. Im Gegensatz zur weit verbreiteten Meinung, die Vögel würden nur in morschen Bäumen bauen, suchen sie sich oft gesunde Exemplare aus. Würden Sie in ein baufälliges Eigenheim einziehen, wenn Sie nebenan einen Neubau errichten dürften? Spechte wollen ebenfalls, dass ihre Nisthöhle dauerhaft und stabil ist. Und obwohl sie gut und feste auf das gesunde Holz einschlagen, wären sie doch mit der raschen Fertigstellung überfordert. Daher machen sie nach dem ersten Abschnitt eine Pause von vielen Monaten und hoffen auf die Mithilfe von Pilzen. Für diese ist das eine willkommene Einladung, denn normalerweise könnten sie nicht durch die Rinde eindringen. So aber besiedeln sie rasch die Öffnung und beginnen, das Holz zu zersetzen. Für den Baum ist das ein doppelter Angriff, für den Specht dagegen Arbeitsteilung. Denn nach einiger Zeit sind die Fasern so mürbe, dass der Weiterbau viel leichter vonstattengeht. Eines Tages ist es dann so weit, und die Höhle ist bezugsfertig. Dem krähengroßen Schwarzspecht reicht das aber noch nicht aus, und so zimmert er mehrere Höhlen gleichzeitig. In der einen brütet er, in der anderen wird geschlafen, und weitere dienen dem Tapetenwechsel. Jedes Jahr werden die Höhlen aufgefrischt, was Sie an den Holzspänen zu Füßen der Bäume erkennen können. Eine Auffrischung ist deshalb notwendig, weil sich die eingedrungenen Pilze nun nicht mehr stoppen lassen. Sie fressen sich immer tiefer in den Stamm hinein, verwandeln das Holz zu feuchtem Mulm, in dem es sich nicht gut brüten lässt. Schmeißt der Specht diesen Krempel hinaus, dann wird die Höhle ein Stück größer. Irgendwann ist sie dann zu groß und vor allem zu tief für den Vogelnachwuchs, der ja schließlich zum Erstflug aus dem Eingang klettern muss. Spätestens jetzt kommen Nachmieter zum Zug. Das sind Arten, die nicht selbst in Holz bauen können. Der Kleiber etwa, ein spechtähnlicher, aber kleinerer Vogel, hämmert ähnlich auf totem Holz herum, um an Käferlarven zu kommen. Er baut sein Nest gerne in alten Buntspechthöhlen. Doch dabei hat er ein Problem. Durch das für ihn zu große Einflugloch könnten seine Feinde eindringen und seine Brut ausrauben. Um dies zu vermeiden, verkleinert er es mit Lehm, den er kunstvoll um den Rand kittet. Apropos Feinde: Bäume bieten ihren Untermietern unfreiwillig einen speziellen Service an, der mit ihren Holzeigenschaften zu tun hat. Holzfasern leiten Schall besonders gut, und das ist der Grund, warum aus diesem Werkstoff Musikinstrumente wie Geigen oder Gitarren gebaut werden. Wie gut die Leitung funktioniert, können Sie mit einem einfachen Experiment selbst ausprobieren. Legen Sie Ihr Ohr an das dünnere Ende eines



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